Gilt das Verbot von Vorher-Nachher-Darstellungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) auch bei Faltenunterspritzungen?

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 HWG ist es untersagt, für die in § 1 Abs. 1 Nr. 2c HWG genannten operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe mit vergleichenden Darstellungen des Zustandes vor dem Eingriff und danach zu werben. Dem Wortlaut des Gesetzes nach handelt es sich hierbei also um einen operativen chirurgischen Eingriff, welcher Ärzten vorbehalten ist und auch nicht von Heilpraktikern erbracht werden darf.

 

Faltenunterspritzungen fallen dem Wortlaut nach nicht unter diese Bestimmung. Dessen ungeachtet ist die Ärztekammer Bremen unter Bezugnahme auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln vom 19. April 2023 – 6 U 77/23) der Auffassung, dass es nicht auf den Wortlaut des Gesetzes ankommt, sondern auf dessen Sinn und Zweck. Dieser liegt nach Auffassung der Ärztekammer Bremen und des OLG Köln darin, die mit solchen Vorher-Nachher-Bildern einhergehende Anreizwirkung zu medizinisch nicht indizierten und eventuell gesundheitsgefährdenden Eingriffen zu verhindern.

 

Diese Entscheidung ist in der medizinrechtlichen Fachliteratur zu Recht heftig kritisiert worden, da der Gesetzgeber sich bewusst für eine Formulierung der einschlägigen Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes entschieden hat, welche begrifflich die Aspekte der „Operation“ und der „Chirurgie“ beinhaltet. Allein der Verweis auf einen „instrumentellen Eingriff“ rechtfertigt keine Gleichsetzung mit den Begriffen „Operation“ und der „Chirurgie“.

 

Für wettbewerbsrechtlich begründete Abmahnungen wird diese Entscheidung allerdings durchaus bis auf Weiteres relevant sein.

 

Die Auflage von Bußgeldern durch Ärztekammern und Berufsgerichte wird sich damit allerdings nicht rechtfertigen lassen. Hierbei nämlich handelt es sich um hoheitliche Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit, die dem Gesetzesvorbehalt unterliegen. Dabei wiederum wird die Grenze der Auslegung nach Verfassungsrecht durch den Wortlaut eines Gesetzes definiert und nicht darüberhinausgehend von zeitgeistigen Absichten.

 

Bremen, 04.09.2024

 

 R. J. Gläser

-Rechtsanwalt-

Fachanwalt für Medizinrecht